IDEA ist ein Oral History-Projekt von und mit gesellschaftlich engagierten Frauen mit internationaler Geschichte. Sie setzen sich ein für mehr Sichtbarkeit, Teilhabe und Chancengerechtigkeit. Im Podcast „herIDEA - sie, engagiert, diverskulturell“ erzählen Migrantinnen ihre Geschichten in der Reihe MIGRACHIV. Im MAGAZIN führen Studierende der Hochschule Furtwangen Interviews und berichten über Themen wie Schwierigkeiten im Umgang mit Behörden, die Hürden der Integration oder Migration und psychische Gesundheit. IDEA ist ein Kooperationsprojekt der Katholischen Hochschule Freiburg und Hochschule Furtwangen. Praxispartnerin ist die Feministische Geschichtswerkstatt Freiburg e.V. IDEA wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Monica Romani-Veith, warum ist es dir wichtig, am Gemeindeleben teilzunehmen? | MIGRACHIV herIDEA
„Nur weil du anders bist, bist du nicht schlecht oder besser. Ja, du bist anders, aber das ist doch schön, wenn man anders ist. Man lernt verschiedene Sichtpunkte und verschiedene Kulturen. Warum sollte es nicht etwas Positives sein, warum muss das was Negatives sein?“ Monica Romani-Veith engagiert sich auf vielfältige Weise in der Gemeinde ihres Wohnortes. Zum Beispiel in der Städtepartnerschaft mit der französischen Partnergemeinde, im Elternbeirat oder im Pfarrgemeinderat. 1974 kam Monica kurz nach ihrer Geburt mit ihren italienischen Eltern ins damalige Ost-Berlin. Ihr Vater hatte im italienischen Konsulat eine Stelle angenommen. Monicas Mutter hatte ihr vorlebt, am neuen Wohnort schnell Kontakte zu knüpfen und am Gemeindeleben teilzunehmen.
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20:51 | 09.01.23 | |
Windy Asridya, inwiefern ist Freiwilligenarbeit Teil der indonesischen Kultur? | MIGRACHIV herIDEA
„Hier in Deutschland ist jeder mehr für sich. Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit gibt es eher nicht. Wenn etwas passiert, regelt man es allein. Wenn man ein Problem hat oder etwas braucht und darum bittet, dann hilft einem schon jemand. Aber von allein bietet es keiner an. Das ist in Indonesien anders. Hier bieten wir Hilfe an, ohne dass jemand danach fragt.“ Windy Asridya kam 2008 von Indonesien nach Deutschland und lebt heute in Freiburg. Hier ist sie engagiert in Gruppen, die die indonesische Kultur pflegen und sich gegenseitig unterstützen. Windy ist zum Beispiel aktiv in der indonesisch-muslimischen Frauengruppe, und sie begleitet neu angekommene Studierende aus Indonesien in ihren ersten Wochen an der Uni. Windy Asridya ist in Bandung, einer Stadt auf der Insel Java groß geworden. Dort hat sie ein Masterstudium in Visueller Kommunikation. In Deutschland wollte sie die Sprache lernen und weiterstudieren. Seit vielen Jahren arbeitet Windy als Medien- und Marketing Expertin in einem Unternehmen.
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25:40 | 02.12.22 | |
Jasmina Prpíc, wie kämpfst du mit juristischen Mitteln für Frauenrechte? | MIGRACHIV herIDEA
„Diese ehrenamtliche Tätigkeit, die ich seit 30 Jahren hier betreibe, wo ich mich als Anwältin ohne Grenzen engagiere, hat mir geholfen, meine Wunde zu überwinden, dass ich meinen Beruf verloren habe, weil ich eine leidenschaftliche Rechtsanwältin war.“ Jasmina Pripíc ist Juristin und lebt seit 1992 in Freiburg. 2007 gründete sie mit Kolleginnen den Verein Anwältinnen ohne Grenzen und setzt sich ein für die Verteidigung von Frauen- und Menschenrechten mit juristischen Mitteln. Als 1992 die Kriegskämpfe im auseinanderfallenden Jugoslawien ihre Heimatstadt Banja Luka erreichten, entschied sie sich, mit ihrer Familie zu fliehen. Jasmina war in Jugoslawien Richterin. Doch bis heute darf sie in Deutschland nicht in einem juristischen Beruf arbeiten. Auch ein Aufbaustudium an der Uni Freiburg und viele Weiterbildungen haben nichts daran geändert. Ihr Fachwissen hat Jasmina trotzdem in ihrem politischen Engagement eingesetzt. Als Juristin ist sie bis heute aktiv in der kommunalen Politik und auf internationaler Ebene. Das beginnt Anfang der 2000er Jahre mit ihrer Arbeit für Medica Mondiale. Damals begleitet sie Opfer von sexueller Kriegsgewalt, die vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal aussagen wollten. Jasmina war auch gewählte Vertreterin im Migrant:innenbeirat der Stadt Freiburg und aktiv bei DaMigra, dem Dachverband der Migrantinnenorganisationen. Für ihre Arbeit ist Jasmina oft ausgezeichnet worden – unter vielen anderen 2012 mit dem Preis „Frau Europas“.
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36:01 | 13.10.22 | |
Beatriz Diaz de la Cruz, woher nimmst du die Kraft für dein soziales Engagement? | MIGRACHIV herIDEA
„Ich habe immer versucht diese ganzen Programme mitzumachen, um mich ein bisschen abzulenken. Mein Engagement war mehr eine Hilfe für mich, als für die, denen ich geholfen habe. Damit ich nicht in eine Depression komme oder so. Weil wenn man etwas gelernt hat und in dem Beruf gearbeitet hat, und kann das jetzt nicht mehr machen, sondern muss Toilette putzen, weil man das Geld verdienen muss. So habe ich einen Sinn für mein Leben gefunden, wenn ich verschiedene Projekte gemacht habe. Dann habe ich mich wohlgefühlt.“ Beatriz Diaz de la Cruz lebt in Freiburg und ist dort vielfältig engagiert. Im Mieter:innenbeirat der städtischen Wohnbaugesellschaft entwickelt sie Ideen für ihren Stadtteil. In ihrer Kirchengemeinde unterstützt sie Familien und Wohnungslose. Bei den Freiburgerinnen aus aller Welt lebt sie ihre Leidenschaft, Geschichten zu erzählen und zu schreiben. Beatriz ist 1968 in der Dominikanischen Republik geboren, in der Hauptstadt Santo Domingo und dort auch aufgewachsen. Als Hotelfachfrau geht sie 1994 nach Deutschland, für zwei Jahre. Weil sie für ihren Beruf Deutsch lernen will. Wieder zuhause, beschließt sie bald darauf, Jura zu studieren und macht in der Dominkanischen Republik ihr Diplom. Doch Beatriz will einen internationalen Abschluss als Juristin. Dafür geht sie nach Freiburg. Dort lernt sie ihren Mann kennen und ihre ersten Kinder kommen auf die Welt. Nach einer kurzen, vom deutschen Ausländerrecht bestimmten Zwischenstation in ihrer Heimat, lebt Beatriz nun schon seit 2009 fest in Freiburg. Beatriz ist auch politisch aktiv, unter anderem in der NGO Anwältinnen ohne Grenzen. Mit dieser Arbeit baut sie auch eine Brücke zwischen Deutschland und der Dominikanischen Republik.
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28:15 | 30.09.22 | |
Sarah, wie erreichen wir interkulturelles Zusammenleben? | MIGRACHIV herIDEA
„Es geht um uns Menschen, es geht nicht um diesen Glauben. Es geht um diese Fatima, die gerade hier sitzt oder um die Aishe, die gerade dort hier sitzt. Und nicht, was Urururgroßeltern von Aishe gemacht hat. Das ist unwichtig. Aber die Aishe hat sehr schwere Zeit gehabt, nur die Fatima hat eben eben auch schwere Zeiten hinter sich. Und darüber hinaus zu gehen um sich zu umarmen, das ist manchmal eine Herausforderung und sehr sehr gut darüber zu reden.“ Sarah ist vereidigte Dolmetscherin. Sie ist Mitbegründerin eines Vereins, der Nothilfeprojekte in Afghanistan durchgeführt hat. In Freiburg gründete Sarah einen internationalen Frauentreff, einen Ort für Frauen mit und ohne Migrationsgeschichte. Sarah ist Mutter von drei Töchtern. Über die Jahre nahm sie insgesamt vier jugendliche Geflüchtete bei sich auf – bis sie alt genug waren, um ihr eigenes Leben zu führen. Sarah wurde 1962 in Kabul in Afghanistan geboren.
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22:33 | 29.09.22 | |
Deolinda Calheiros, was hast du verändert als Betriebsrätin? | MIGRACHIV herIDEA
„Wenn ich was machen kann, mach ich's. Wenn ich etwas nicht machen kann, dann kann ich es halt nicht. Aber ihr könnt sicher sein, wenn ich es nicht kann, dann kann man es wirklich nicht. Denn ich nehme das Problem auseinander, bis es fertig ist.“ Deolinda Calheiros ist 19 Jahre alt, als sie in den 1970er Jahren Betriebsrätin wird. Damals ist sie erst kurz in der Freiburger Garnfabrik Mez angestellt. 33 Jahre wird Deolinda in dieser Firma bleiben. In dieser Zeit erlebt sie den Niedergang in der deutschen Textilindustrie. Als in den 1990er Jahren die Fabriken der Mez nach und nach schließen, verhandelt sie mit der Firmenleitung die Sozialpläne für die Belegschaft. 2002, nach ihrer Zeit bei der Mez wird Deolinda in den Ausländerbeirat der Stadt Freiburg gewählt. In ihrem Amt engagiert sie sich sehr konkret und unterstützt viele Migrantinnen und Migranten in Notlagen. Noch heute als Renterin ist Deolinda als Beraterin aktiv. Sie hilft Landsleuten aus Portugal und Migrant:innen aus der ganzen Welt. Deolinda stammt aus Barcelos, im Norden von Portugal. Ihr Vater ging als Gastarbeiter in den 1960er Jahren zunächst alleine nach Deutschland. Als erster zieht Deolindas Bruder dem Vater hinterher. Er flieht davor, mit 18 als Soldat in den Unabhängigkeitskrieg der Kolonie Angola gezogen zu werden. Es ist die Zeit der faschistischen Militärdiktatur in Portugal. 1966 geht auch die 14jährige Deolinda nach Freiburg.
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32:18 | 31.08.22 | |
Clara Kecskeméthy, wo findest du Heimat zwischen drei Kulturen? | MIGRACHIV herIDEA
„Ich habe drei Kulturen: die Ungarische, die Deutsche und die Peruanische. Und kein wirklich originäres Herkunftsland. Wo gehöre ich hin? Das fällt mir sehr schwer zu beantworten. Auch in meinen Träumen, in meinem Sprechen, wandele ich immer zwischen den Kulturen.“ Clara Kecskeméthy kam 1972 aus Peru zum Studieren nach Deutschland. Direkt nach der Schule, mit 18 Jahren. Sie lebt seit 30 Jahren in der Region Freiburg. Hier ist Clara sehr aktiv, zum Beispiel im Verein Omas gegen Rechts und in einem Helfer:innenkreis für Geflüchtete. Engagiert ist Clara Kecskeméthy schon in ihren ersten Jahren in Deutschland. In Berlin ist sie aktiv in einem von Eltern organisierten Kinderladen. Außerdem unterstützt Clara andere Mütter ohne deutschen Pass, vor allem bei Schwierigkeiten auf der Ausländerbehörde. Claras Eltern sind in den 1940er Jahren aus Europa nach Peru geflohen. Deutsch war für Clara ihre zweite Muttersprache und sie hat in Lima ein deutsches Abitur gemacht. Das öffnet ihr die Türen für eine Ausbildung in Deutschland. Sie studiert Architektur, anfangs in Wien, dann in West-Berlin. Als Architektin arbeitet sie in Berlin an der Uni, und später dann selbstständig. Mit ihrem zweiten Mann zieht Clara 1990 nach Freiburg. Hier orientiert sie sich auch beruflich neu. Sie spezialisiert sich auf Bildungs- und Berufsberatung für Migrantinnen. „Ja, man schluckt. Wir schlucken zu viel. Öffnet euch, sagt, sprecht, sucht euch gute Unterstützung im Freundeskreis. Und wenn das nicht geht, dann auch wirklich professionelle Hilfe. Das ist mein Tipp. Und seid stolz darauf, wer ihr seid.“
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25:58 | 30.08.22 | |
Mahshid Najafi, wieso müssen wir für Demokratie kämpfen? | MIGRACHIV herIDEA
„Wenn ich ein Phänomen, ein Element, ein gesellschaftliches Geschehen verstehen will, soll ich mit Menschen kommunizieren. Weil jeder hat einen ganz anderen Blick, auf das, was da ist. Du kannst das nicht alles sehen. Und das ist für mich sehr, sehr wichtig. Ich glaube, je mehr ich mit Menschen spreche, desto mehr Austausch stattfindet auf verschiedenen Ebenen und Kulturen, versuche ich die andere Seite zu verstehen. Dann sag ich: Mahshid, du bist schön gewachsen.“ Mahshid Najafi lebt seit über 30 Jahren in Offenbach. Hier war und ist sie vielfältig engagiert: als Betriebsrätin, Ausländerbeirätin und Abgeordnete im Stadtparlament sowie in vielen diverskulturellen Projekten und antirassistischen Netzwerken. Mahshid kam 1985 nach Deutschland. Sie musste den Iran verlassen, weil sie und ihr Mann dort politisch verfolgt wurden. Mahshid ist in der iranischen Stadt Isfahan aufgewachsen. Anfang der 1970er Jahre erlaubt der Vater seiner ältesten Tochter, als nicht Verheiratete fern der Familie zu leben. Sie ist die erste Frau in ihrer Familie, die diese Möglichkeit hat. An der Universität Teheran macht Mahshid ihren Abschluss in Wirtschaftswissenschaften. 1973 geht sie mit ihrer jüngeren Schwester Behshid in die USA. In Los Angeles macht Mahshid an der Uni ihren Master in Pädagogik. Dort entdeckt sie auch die Politik. Sie wird aktiv in einer linken, iranischen Exilorganisation. Als im Iran der politische Umbruch beginnt, geht sie 1978 dorthin zurück. Kurz darauf beginnt die Revolution gegen das Schah Regime im Iran. Auch unter Chomeini ist Mahshid bald auf der Seite der Opposition und muss schließlich aus dem Iran fliehen.
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32:55 | 30.08.22 | |
Czarina Wilpert, wie hast du Veränderung bewirkt? | MIGRACHIV herIDEA
„Wir müssen sehr viel mehr in der Gesellschaft machen. Forschung allein reicht nicht, wenn wir nicht versuchen, was zu ändern. Es geht nicht automatisch von politischen Parteien aus, es geht nicht automatisch von Regierungen aus. Die machen nur, wo Druck ausgeübt wird, und das heißt, man muss mindestens ein Beispiel aufbauen.“ Czarina Wilpert forschte über ein halbes Jahrhundert lang zu Migration, kultureller Identität und Frauen. Sie koordinierte und leitete zahlreiche Projekte. 1938 wird Czarina in Los Angeles als Tochter eines Mexikaners und einer Europäerin geboren. In den 1960er Jahren heiratet sie einen Deutschen und migriert nach Deutschland. Dort vertieft sie ihr Soziologiestudium und promoviert. Für ihre Arbeit bekommt sie internationale Anerkennung, 2017 wird ihr der Bundesverdienstorden verliehen. Bereits 2006 wird Czarina mit dem Berliner Frauenpreis ausgezeichnet, und 2012 mit dem Berliner Verdienstorden.
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38:41 | 28.07.22 | |
Magda Agudelo, wie werden deutsche Bühnen diverser? | MIGRACHIV herIDEA
„Es muss immer etwas gespielt werden, das mit meiner Herkunft zu tun hat. Nicht andere Themen, die wirklich mit dieser Gesellschaft zu tun haben. Also ich habe auch einmal eine Drogenhändlerin gespielt, weil ich aus Kolumbien komme. Verstehst du? Also ein höheres Klischee kann es nicht geben. Irgendwann muss ich für mich selber entscheiden: Diese Rollen will ich nicht mehr spielen. Ich will auch nicht mehr meine eigene Migrationsgeschichte auf die Bühne erzählen.“ Magda Agudelo engagiert sich für mehr Diversität und Internationalität in der Kultur. Sie will eine größere Sichtbarkeit von Migrantinnen auf der Theater-Bühne und dahinter. Magda ist in vielen Vereinen aktiv und eine starke Netzwerkerin. Mit anderen Schauspielerinnen hat Magda vor kurzem den Verein La Fuchsia Kollektiva e.V. gegründet. Ganz konkret setzt sie sich für die Chancengleichheit von Künstlerinnen und Künstlern mit internationaler Geschichte ein. Sie engagiert sich als Beraterin in allen beruflichen Fragen. Magda Agudelo ist 1976 in Kolumbien geboren und studierte Szenische Künste an der Universidad Distrital Bogotá. 2004 kam sie zum ersten Mal nach Deutschland. Sie kam für ein Theaterprojekt, zu dem sie als Schauspielerin eingeladen wurde. „Meine Kunst ist wie eine Metaebene der gesellschaftlichen Engagement. Sie soll auch unterhalten, aber was ich erreichen will, ist letztendlich die Gesellschaft zu verändern. Das gehört zu meiner Kunst. Also meine Kunst existiert nicht ohne dieses soziale, gesellschaftliche Engagement.“
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37:53 | 27.07.22 | |
Thi My-Hanh Nguyen, wieso musst du doppelt kämpfen? | MIGRACHIV herIDEA
„Ich hab noch nie gesagt, ich bin Deutsche. Noch nie habe ich das gesagt, weil ich glaube, die Gesellschaft guckt mich als Vietnamesin an. Und dadurch ist es auch überflüssig, wenn ich sage, ich bin Deutsche. Ob ich sage oder nicht sage, die müssen wissen, werde ich kämpfen. Für Vietnam tun bin ich Vietnamesin, aber zu kämpfen bin Deutsche.“ Thi My-Hanh kommt 1971 aus Vietnam nach Deutschland. Sie studiert in Aachen und macht dort ihr Diplom als Ingenieurin für Chemie. Danach arbeitet sie erst einmal in der Industrie. Sie heiratet, bekommt ein Kind und ist die Hauptverdienerin der Familie. 1982 trennt sich My-Hanh und zieht mit ihrem Sohn nach Bochum. Beruflich spezialisiert sie sich nun auf Umweltfragen und arbeitet als Beraterin und Bildungsexpertin. Von Anfang an ist My-Hanh in Deutschland engagiert. In Aachen macht sie viel für die Community der Studierenden aus Vietnam. Sie organisiert große gemeinsame Feste und gegenseitige Hilfe. In Bochum unterstützt My-Hanh ab 1982 geflüchtete Menschen aus Vietnam. Sie hilft ihnen im Alltag, ist mit Rat und Wissen an ihrer Seite. Und ist dabei berufstätige Mutter. 1994 gründet My-Hanh in Bochum die Vietnamesische Interkulturelle Fraueninitiative ViFi. 1994 endete mit US Präsident Clinton das fast 20 Jahre dauernde Embargo des Westens gegen Vietnam. Nun erst wird es möglich, soziale und wirtschaftliche Hilfen für Vietnam von Deutschland aus zu organisieren.
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38:42 | 07.07.22 | |
Lúcia Rolim-Schulz, wie förderst du Frauen mit Migrationsgeschichte? | MIGRACHIV herIDEA
„Wie kann ein Land, das reich ist, nicht genug Tagesstätten haben, dass die Frauen für sich selber entscheiden können? Möchte ich zuhause bleiben, auf mein Kind aufpassen, drei oder vier Jahre und nachher zurück in meinen Beruf? Oder muss ich meine Kinder in einer Tagesstätte lassen, von Montag bis Freitag, vier Stunden oder sechs? Das heißt, die Frauen haben nicht viel Wahl. Und das war ein Schock für mich.“ Lúcia Rolim-Schulz engagiert sich für die Rechte von Frauen, insbesondere von Migrantinnen. Sie gründete unter anderem den Verein Imbradiva e.V. und ist langjähriges Mitglied des Migrantinnen- und Migrantenbeirats der Stadt Freiburg. Lúcia kam 1990 für ein Studienstipendium nach Europa. In Brasilien machte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester und studierte anschließend Theologie. Die Armut in Brasilien war Ausgangspunkt ihres sozialen Engagements.
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31:46 | 30.05.22 | |
Valentina, how do you experience culture shock? | MAGAZIN herIDEA
„I remember, when I first stepped into the airport, I felt very happy. I feel like I was in another world. In that moment, I felt very strong and I felt, that I was ready to start my new life.“ Valentina is 21 years old and studies International Business Management at Furtwangen University at the Villingen-Schwenningen Campus. In 2021, Valentina came from Argentina to Germany together with her sister and her mother. Her father is still in Argentina and will also come to Germany if the family succeeds in the adjustment process. In the process of getting to know a new culture, the so-called culture shock often occurs. When a person moves from a familiar environment to a completely foreign culture, it often leads to feelings of fear, loneliness and uncertainty. Culture shock has two faces: One is the new country, the new culture. On the other hand, the home country, the culture left behind. „I knew, that changing your culture is like escaping of your comfort zone, and try to adapt to a new culture. I knew, that it was going to be difficult, yes, absolutely, but yes, I tried to make new friends, to connect with people from the first time, even when sometimes I feel, that I am not able or I can’t.“
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19:58 | 23.05.22 | |
Amina Said, why do you want to become an activist for gender and diversity? | MIGRACHIV herIDEA
„I think, that's where we start victim blaming. Like the victim here would be yourself, or myself, and you would start thinking: ,Oh maybe, if I go out that late, someone will harass me.' I try to break from that. I used to have that a lot back home, like I shouldn't go out at a certain time. But I don't think, it matters at all. I think, that could happen, even in daylight.“ Amina Said was 18, when the Tunisian Revolution of 2011 and the Arab Spring began. Then, Amina was part of the protest movement against the authoritarian regime. There, as a student, she also was involved in university politics back in Tunisia. Amina Said graduated in Tunisia as Bachelor of Computer Science. When she came to Germany in 2016, she started working as an AuPair for one year. After that, Amina did a voluntary social year, which is called Freiwilligendienst in Germany. Now, she studies Gender and Diversity. To finance her studies, she works as a social media content moderator in an outsourcing company. Amina is particularly interested in affairs of Gender Violence. She describes herself as a feminist. „I hope, there will be more harmony between people, and just be accepting of each other. Like from any side, from every side. I just hope that, regardless of differences.“
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17:06 | 10.05.22 | |
Adetoun Küppers-Adebisi, was bedeuten Afrofuturismus und Eurobilisierung für dich? | MIGRACHIV herIDEA
„Schwarze Menschen haben diese besondere Schwarz-Sein Experience, was bedeutet, dass unabhängig davon, wo du auf der Welt hingehst, dich verfolgt einfach diese Kolonialgeschichte, mit der Menschen immer wieder auf dich zukommen und dich damit konfrontieren und du hast ne Antwort zu haben.“ Adetoun Küppers-Adebisi engagiert sich in Kunst, Kultur und politischer Bildung. Ihren Beruf verbindet sie mit ihrem sozialen Engagement. In Ausstellungen, Installationen und Medien arbeitet Adetoun mit der Ästhetik des Afrofuturismus. Diese Kunstform nutzt Elemente aus Science Fiction, um die Perspektive afrikanischer People of Colour zu zeigen. Beispiele zeigt sie auf ihrem Youtube Kanal AFROTAK TV cyberNomads. Im Alter von 12 Jahren kam Adetoun 1981 zusammen mit ihrer Mutter aus Nigeria nach Deutschland. An der Rheinischen Fachhochschule Köln studierte sie Wirtschaftsingenieurwesen. Adetoun ist Lehrbeauftragte und forscht am Zentrum für Gender Studies an der Humboldt-Universität. „Eine eigene Kultur, die wird uns nicht einfach anerkannt werden. Wir sind marginalisiert in diesem Format und müssen das für uns neu bekämpfen, erobern. Damit das nicht immer wieder auch bei uns neu erfunden wird, ist die Geschichte von uns auch eine Archivgeschichte.“
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32:45 | 03.05.22 | |
Olena Lytvynenko, warum wurde deine Arbeit lange nicht bezahlt? | MIGRACHIV herIDEA
„Ich konnte sehr lange Zeit keinen sicheren Aufenthaltsstatus genießen. Das heißt, ich lebte in der Unsicherheit und wahrscheinlich habe ich unbewusst gedacht, ich muss noch mehr machen, ich muss noch mehr zeigen, dass ich wertvoll für diese Gesellschaft bin. Was mich aber frustriert hat, dieses ganze Engagement spielte für das Ausländeramt überhaupt keine Rolle. Es spielte nur eine Rolle dein Einkommen. Dein Einkommen ist das Einzige, was zählt für die Ausländerbehörde.“ Olena Lytvynenko engagiert sich für Themen der Migration, Bildung und interkulturellem Zusammenleben. Derzeit arbeitet sie im Quartiersbüro im Vauban. Im Jahr 2000 kommt Olena als Aupair nach Deutschland. Erst 15 Jahre später erhält sie eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Olena wird 1977 in der Ukraine geboren. In ihrer Heimat erwirbt sie ihr Diplom in Biologie und Chemie. Später in Freiburg studiert sie Kunstgeschichte, Europäische Ethnologie und Geschichte. „Es ist mir mit der Zeit aufgefallen, dass ich nur angefragt werde, wenn ich meine Kultur sozusagen präsentieren muss. Ja, ein Rezept, einen Künstler aus der Ukraine vermitteln oder noch was anderes, was eigentlich nichts Schlechtes ist. Nur dann habe ich mich gefragt: Bin ich eigentlich auf diesen Teil meiner Identität reduziert? Und sieht man überhaupt noch was von mir?“ „Wir leben im gleichen Lebensraum und haben alle Interesse daran, dass dieser Lebensraum in Zukunft auch nachhaltig und gut sich entwickelt und hohe Lebensqualität hat. Und es spielt überhaupt keine Rolle, wer woher kommt, sondern es spielen eine Rolle die Werte, die man miteinander teilt.“
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47:26 | 07.04.22 | |
Lucimara Brait-Poplawski, wie bekommen wir gut ausgebildete Frauen mit internationaler Herkunft in den Arbeitsmarkt? | MIGRACHIV herIDEA
„Wir sollten uns stärken nach innen, untereinander, wir müssen uns empowern, ja, mit unseren Fähigkeiten austauschen, in einem Safe Space. Und wenn wir stärker sind, dann können wir uns nach außen besser präsentieren. Also wir brauchen ein Netzwerk, eine Stärkung des Netzwerkes nach innen, von innen und wir brauchen dann nach außen ein anderes Bild von uns, ein Bild von professionellen, hochqualifizierten Frauen.“ Lucimara Brait-Poplawski ist Politikwissenschaftlerin und lebt in der Nähe von Stuttgart. Sie engagiert sich für die berufliche Chancengleichheit von Migrantinnen in Deutschland. Ihr Verein Forum Internationaler Frauen versteht sich als Lobby für Frauen mit internationaler Herkunft auf dem Arbeitsmarkt. Lucimara wuchs auf in Brasilien, im Bundesstaat Sao Paulo. Sie studierte Geschichte und arbeitete als Lehrerin am Gymnasium. 1990 kam Lucimara nach Deutschland. Weil ihr Abschluss nicht anerkannt wurde, machte sie ein Aufbaustudium in Politikwissenschaften und promovierte zum Thema Armut in Lateinamerika. „Ich bin realistisch. Es gibt sehr viel rassistische Diskriminierung, die nicht offen getragen wird. Und es gibt Hindernisse, die wir nicht sehen. Aber wir merken, wir kommen nicht weiter und wir wissen nicht warum. Dann spricht man sehr oft über eine Glasdecke.“
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28:33 | 31.03.22 | |
Yasmin und Iman Ouadria, wird das Kopftuch irgendwann ein Teil von Deutschland sein? | MIGRACHIV herIDEA
„Man wollte uns in die Hauptschule schicken, hat uns keine Chance gegeben und in uns auch kein Potential gesehen. Wir konnten etwas, aber sie wollten es nicht zeigen oder sagen, und das finde ich halt krass.“ (Yasmin) „Ich bin der Meinung, ich kann Muslima sein, und ich kann Deutsche sein. Das funktioniert. Es ist möglich, und das bedeutet für mich auch, ich bin integriert. Aber ich muss deswegen nicht irgendwie nicht Muslima sein.“ (Iman) Yasmin und Iman Ouadria sind Zwillingsschwestern. Schon in ihrer Schulzeit haben sie sich engagiert, als Übersetzerinnen für Geflüchtete. Iman machte nach dem Abitur einen Freiwilligendienst in der Türkei und war in Freiburg aktiv in interkulturellen Vereinen. Yasmin ist kulturell engagiert, besonders in den sozialen Medien. Ihre Eltern sind in den 1990er Jahren nach Deutschland gekommen. Trotz einem steinigen Weg durch die Schule mit vielen Diskriminierungserfahrungen studieren heute beide, Iman Molekulare Medizin und Yasmin International Business.
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28:19 | 28.03.22 | |
Lisa Bendiek, kann man Rassismus verlernen? | MAGAZIN herIDEA
„Dieses Wort hat diese Geschichte. Und die Geschichte ist vielleicht für eine weiße deutsche Person nicht sichtbar. Und sie meint es wirklich nicht böse. Ich verlange aber von ihr, dass sie wahrnimmt, viele Menschen erleben dieses Wort als unglaublich verletzend, weil sie die Geschichte dahinter kennen, weil sie von dieser Geschichte persönlich betroffen sind, weil ihre Familien unter Bezug auf dieses Wort ausgebeutet wurden, und...dann muss diese Person sich überlegen, was sie jetzt wichtiger findet.“ Wir alle haben Rassismus verinnerlicht. Dies zu erkennen und die eigenen erlernten Denkmuster zu hinterfragen ist meist nicht leicht. Viele Strukturen in unserer Gesellschaft sorgen dafür, dass Rassismus erhalten bleibt und bereits junge Kinder rassistisches Denken durch ihr Umfeld und ihre Vorbilder erlernen. Lisa Bendiek engagiert sich als politische Bildnerin, Autorin und Aktivistin für Antidiskriminierung in Sachsen. Derzeit arbeitet sie in der Fachstelle Jugendhilfe des Kulturbüro Sachsens. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf Rassismuskritik. Sie ist Co-Autorin der Studie "Sachsens Zukunft: Junge Menschen mit Migrationsvordergrund und diskriminierungskritische Perspektiven auf Jugendhilfe in Sachsen" (Mai 2021). Zuvor war Lisa Bendiek in einem EU-Projekt tätig, um Verwaltungsangestellte in Sachsen interkulturell zu sensibilisieren. Im Interview erzählt sie unter anderem, was Rassismus ist, welche Formen es gibt, warum Rassismus sich meist von einer Generation auf die nächste überträgt und wie sie versucht, Menschen dazu anzuregen, ihr eigenes Denken zu hinterfragen. Sie erklärt, dass ihre weiße Hautfarbe eine gesellschaftliche Position mit sich bringt, und sie daher auch Verantwortung trägt, um nicht Teil der Unterdrückung zu sein. #InternationaleWochengegenRassismus #BewegtGegenRassismus #HaltungZeigen #IWgR #IWgR22
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31:20 | 13.03.22 | |
Cristabel Durán Rangel, wie hilfst du den Menschen in Venezuela? | MIGRACHIV herIDEA
„Durch meine Migrationserfahrung hat sich mir eine andere Welt eröffnet. Ich habe das Gefühl, dass es ein Gewinn ist. Es ist immer ein Gewinn und man lernt viele Dinge und verschiedene Arten, die Dinge zu sehen.“ „Qué es lo más importante? Bueno me ha abierto un mundo. O sea yo siento que es una ganancia. Siempre es una ganancia, y que uno aprende tantas cosas.“ Dr. Cristabel Durán Rangel engagiert sich für Migrant*innen aus Venezuela. Sie ist Mitbegründerin des Vereins Pro Venezuela e.V. und gewähltes Mitglied im Migrantinnen- und Migrantenbeirat der Stadt Freiburg. Cristabel kam 2003 nach Deutschland, um ihre Doktorarbeit zum Thema Regenwälder zu schreiben. In Venezuela hatte sie ihr Studium in Forstwissenschaften abgeschlossen. „Wir brauchen deutliche strukturelle Veränderungen. Damit meine ich, dass Deutschland die doppelte Staatsbürgerschaft akzeptiert. Oder dass wir ein Wahlrecht bekommen. Offensichtlich gibt es viele Migranten, die sich politisch nicht engagieren. Aber es ist ein Teufelskreis: Ich misch mich nicht ein, weil ich nicht wählen darf. Daraus folgt dann: Sie lassen mich nicht wählen, also misch ich mich nicht ein." “Y obviamente, que hayan cambios estructurales fuertes. Y a eso me refiero, que Alemania acepte la doble nacionalidad o que nosotros tengamos derecho al voto. Porque obviamente hay muchos inmigrantes que no están involucrados en la parte política, pero eso es un circulo vicioso: yo no me involucro, por que no me dejan opinar. No me dejan opinar, entonces, no me involucro."
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26:42 | 25.02.22 | |
Virginia Wangare Greiner, kann man Diskriminierung abschaffen? | MIGRACHIV herIDEA
„Diskriminierung, weiß ich nicht, wie man das abschaffen kann. Aber für mich ist Diskriminierung ein Hindernis für Integration. Solange es Diskriminierung gibt, können wir nicht von Integration reden. Weil das scheitert. Das sind die Barrieren. Das sind die Grenzen von dir, die das hindern, dass du weiterkommst.“ Virginia Wangare Greiner gründete 1996 mit anderen den Verein Maisha e.V. Es ist der erste Selbsthilfeverein in Deutschland für Frauen aus Afrika. Bis heute ist Maisha für Virginia das Herzstück ihres vielfältigen politischen und sozialen Engagements. Der Verein bietet Afrikanerinnen Hilfe und Rat in allen Lebenslagen. Doch es geht es in der Arbeit auch um die großen Themen Rassismus, Diskriminierung und Integration. Virginia lebt in Frankfurt am Main. Sie ist in Tansania und Kenia groß geworden. In Kenia lernte sie als junge Sozialarbeiterin ihren Mann kennen, der dort als deutscher Entwicklungshelfer arbeitete. 1986 entscheiden beide, den Lebensmittelpunkt der Familie nach Deutschland zu verlegen. In Deutschland macht sie einen Meisterabschluss zur Hauswirtschafterin und studiert anschließend Soziale Arbeit. Sie ist eine Frau, die sich ihr Leben lang beruflich weiter qualifiziert hat. Virginia ist über Maisha hinaus in bundesweiten und internationalen Netzwerken aktiv. Als Mitbegründerin Im Dachverband für Migrantinnen in Deutschland (DaMigra). Sie war Sprecherin von INTEGRA, einem Netzwerk, das sich stark macht für die Abschaffung der Genitalverstümmelung an Frauen. Sie war Mitglied im Bundesbeirat für Integration. 2002 wurde Virginia Wangare Greiner mit dem ersten Integrationspreis der Stadt Frankfurt ausgezeichnet. Vier Jahre später bekam sie das Bundesverdienstkreuz. „Integration bedeutet du und ich kommunizieren miteinander auf Augenhöhe. Du und ich teilen, was ich habe. Du und ich sind Schwestern. Aber nicht der Deutschorientierungskurs. Wenn du diese Deutschkurse nicht machst, kriegst du keine Aufenthaltserlaubnis. Deutsche Sprache ist nicht gleich Integration. Du kannst gut Deutsch sprechen, wie du willst, du bist aber nicht angekommen. Da bist du trotzdem mit dir selber beschäftigt. Ein Mensch braucht mehr als nur Theorie. Das Herz fehlt, für mich ist es das Herz. Integration mit Herz.“
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32:27 | 22.02.22 | |
Verónica Köhler, wie lebst du deine jüdische Familiengeschichte? | MIGRACHIV heriDEA
„Da kamen Leute aus allen möglichen Ländern und haben Deutsch gelernt. Ich fühlte mich so, als hätte ich in einer Enzyklopädie gelebt. Da war plötzlich ein Essen und Geschmäcker waren neu und Gerüche und Einstellungen und Religionen und Weltanschauungen. Das war eine so lebendige Zeit für mich, und ich glaube, das hat mir geholfen, diesen Schock, dieses Trauma zu überwinden.“ Verónica Köhler lebt seit 1975 in Freiburg und arbeitet dort als Therapeutin. Schon in ihrer Jugend, in Chile war sie politisch aktiv – in den 1970er Jahren, in der Zeit des großen demokratischen Aufbruchs. 1973 setzte der faschistische Militärputsch dem ein jähes Ende. Viele mussten das Land verlassen und auch Verónicas Familie war in Gefahr. In einem Kontingent von Chilen:innen mit deutschen Wurzeln bekamen Köhlers 1975 in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Auch hier war Veronica aktiv in den sozialen Bewegungen. Sie interessierte sich für feministische Ideen und war dabei im Widerstand gegen das am Oberrhein geplante Atomkraftwerk Wyhl. Heute engagiert sich Verónica für Migrant:innen mit unsicherem Aufenthaltsstatus und ist aktiv in der egalitären jüdischen Gemeinde Freiburg. „Dieses Bestreben nach Unabhängigkeit, das war immer sehr wichtig. Da konnte ich nie aufhören zu denken, wie ich das organisiere, wie ich mein Leben organisiere, also dass ich auch zu einer Zufriedenheit komme. Um diese ganzen Sachen unterzubringen, die ich schon mittlerweile erworben hatte an Kenntnissen und Fähigkeiten und Qualifikationen, habe ich eben die Ergotherapieausbildung gemacht, die mir tatsächlich eine Selbstständigkeit ermöglicht hat.“
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41:37 | 16.02.22 | |
Dhurata Caushaj, wie hilfst du geflüchteten Frauen? | MIGRACHIV herIDEA
„Also wir waren hier wie taub und blind, sag ich mal, weil es war so ein gewaltiger Wechsel aus Albanien nach Deutschland zu kommen. Dabei willst du eigentlich nur irgendwo ein Wohnung, ein Dach über dem Kopf haben, einen Job haben. Und du willst für dieses Land arbeiten, du willst in diesem Land leben, du willst eigentlich geben und nehmen. “ Dhurata Caushaj engagiert sich beim Verein „Freiburgerinnen aus aller Welt“. Sie gibt Computerkurse für Migrantinnen und beteiligte sich an einem Audioprojekt für geflüchtete Familien. 1993 kam sie zum ersten Mal aus Albanien nach Deutschland. Dhurata hat hier eine Ausbildung als staatlich geprüfte Informatikerin für Multimedia gemacht und arbeitet in der IT-Branche. „Ich finde es sehr wichtig, dass wir uns erstmal kennenlernen. Wer sind wir? Aber das muss von beiden Seiten gewollt sein. Weil ansonsten, wenn wir uns nicht kennen, wenn wir uns nicht näher kommen, dann ist es schwierig. Dann entsteht wirklich diese Parallelgesellschaft, was man eben über die Leute, die aus der Türkei gekommen sind, sagt. Sie waren zwar hier, aber sie haben für sich gelebt. Und das darf nicht sein, weil es ist schade. Es ist schade. Das Leben ist kurz und wir müssen das Leben so gut wie möglich gestalten und so gut wie möglich leben.“
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27:15 | 11.02.22 | |
Nora Quevedo Maier, wo gelingt ein gutes Zusammenleben? | MIGRACHIV herIDEA
„Ich sehe mit Freude, dass sich die Sache jetzt langsam verändert, zum Beispiel gibt es jetzt Sprachkurse und Angebote für Frauen auch mit Kindern und die Möglichkeit eine Ausbildung oder Weiterbildung zu machen.“ Nora Quevedo Maier ist ausgebildete Erzieherin und arbeitet als Montessori-Pädagogin in Freiburg. Sie war viele Jahre engagiert im Migrantinnen- und Migrantenbeirat der Stadt. In einem Frauencafé hat sie Migrantinnen zu Integrationsfragen und ihrer beruflichen Ausbildung beraten. Nora wurde in Lima, Peru geboren. 1989 – im Alter von 28 Jahren flüchtete sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Deutschland. „Ich bin optimistisch, weil ich die Veränderung gesehen habe. Ich sehe viele Menschen, viele Vereine, viele Institutionen, die schon kämpfen für das Zusammenleben hier.“
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14:16 | 02.02.22 | |
Behshid Najafi, welche Gesetze müssen sich ändern für Frauen in Deutschland? | MIGRACHIV herIDEA
„agisra ist gegen Sexismus, gegen Rassismus und ich kann konkrete Arbeit machen. Ich kann einzelne Frauen unterstützen, ich kann aber auch politische Arbeit machen für alle Frauen. Wenn meine Freundinnen im Iran solche Arbeit machen, kommen sie ins Gefängnis. Und hier bekomme ich ein Gehalt und Anerkennung. Und das war toll für mich.“ Behshid Najafi begann vor 30 Jahren in Köln für den Verein agisra zu arbeiten. Bis heute setzt sich agisra für Migrantinnen und geflüchtete Frauen ein. Auf der politischen Ebene ist agisra auch international tätig. Vor Ort hilft der Verein konkret und unterstützt ratsuchende Migrantinnen aus der Region Köln. Behshid wurde 1956 in Isfahan im Iran geboren. Vor 35 Jahren floh sie nach Deutschland und bekam politisches Asyl. In ihrem Heimatland Iran hatte sie sich für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Seit Anfang 2021 ist Behshid in Rente. Heute engagiert sie sich ehrenamtlich für agisra. „Wenn wir nicht kämpfen, werden die Gesetze nicht verbessert. Die Veränderungen in einer Demokratie kommen nur durch Kämpfe zustande.“
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46:22 | 28.01.22 | |
Sylwia Glinka, wie hast du das Heimweh überwunden? | MIGRACHIV herIDEA
„Ich glaube jedes Leben ist etwas Besonderes. Klar, das Leben ist kein Wunschkonzert, aber manchmal spielt es, deine Lieblingsmelodie. Und diese Lieblingsmelodie solltest du dann auch genießen.“ Sylwia Glinka arbeitet in der Kinderbetreuung einer Schule und engagiert sich in der katholischen Kirchengemeinde. 1971 wurde sie in Polen geboren. Ihre Jugend hat sie in einer ländlichen Gegend in Schlesien verbracht. 1993 ist Sylwia im Alter von 22 Jahren mit ihrem Ehemann nach Deutschland gezogen. „Mein Heimweh ist weg und das spielt eine große Rolle, weil wenn du Heimweh hast, dann bist du immer in der Welt der Vergangenheit und du kannst das nicht genießen und nicht leben.“
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22:12 | 24.12.21 | |
MAGAZIN: Eine Frau als Vorbild im Beruf – Dr. Carmen Luz Herlinghaus | herIDEA
„Ich beklage mich nicht. Auf gar keinen Fall. Ich bin froh, dass ich meine Kinder habe, dass ich mein Beruf hatte. Das hat mir sehr viel Freude gegeben. Und jetzt versuche ich mein Rentenalter zu genießen und arbeite ein bisschen auch, weil es mir Spaß macht, und ich fühle mich auch gesundheitlich relativ gut. Ich glaube meine Lebensaufgabe habe ich erfüllt.“ Die Kinderärztin Dr. Carmen Luz Herlinghaus musste in ihrem Leben oft mit schwierigen Situationen zurechtkommen. 1974, im Alter von 21 Jahren, kam sie als schwangere Frau von Chile in die damalige DDR. In der kurzen Zeit der Präsidentschaft von Salvador Allende engagierte sie sich in der Bewegung für ein demokratisches Chile. Nach dem Militärputsch 1973 fürchtete sie um ihre Sicherheit dort. Angekommen in der DDR wurde ihr Hebammenstudium nicht anerkannt. Carmen Luz studierte daraufhin in Rostock Medizin und arbeitete anschließend als Kinderärztin in einer Berliner Klinik. Lebensgeschichten, wie die von Carmen Luz Herlinghaus sollen anderen Frauen Mut geben und zeigen, dass es sich lohnt für eine bessere Zukunft zu kämpfen.
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38:21 | 15.12.21 | |
MAGAZIN: Leben in Deutschland als „Geduldete“ | herIDEA
„Das kann man wahrscheinlich schwer im ganzen Ausmaß nachfühlen, wenn man davon überhaupt nicht betroffen ist. Aber vielleicht schon nachvollziehen, dass es schlimm ist immer zu wissen, vielleicht bin ich noch sechs Jahre hier oder vielleicht bin ich mein ganzes Leben hier oder vielleicht nur noch bis übermorgen.“ Mehr als 220.000 Menschen leben mit einer Duldung in Deutschland. Damit bewegen sie sich rechtlich gesehen in einer Grauzone: Sie sind ausreisepflichtig, können aber aus diversen Gründen nicht abgeschoben werden. Ohne Aufenthaltsberechtigung müssen sie mit vielen Einschränkungen und Verboten leben. Viele bekamen ihre Duldung von ihren Eltern vererbt, obwohl sie in Deutschland aufgewachsen oder sogar geboren sind. Johanna Wintermantel engagiert sich bereits seit vielen Jahren für Menschen mit Duldungsstatus und begleitet sie auf ihrem Weg. Sie arbeitet als freie Journalistin für den freien Sender „Radio Dreyeckland“ in Freiburg sowie im Freiburger Forum „Aktiv gegen Ausgrenzung“ mit. Im Interview erzählt sie, was eine Duldung im Detail bedeutet, welche Entwicklungen es in den letzten Jahren gab und vor allem, wie sich ein Leben in Duldung auf die Betroffenen auswirkt. „Unglaublich viele Menschen, die ich kenne, schlucken Beruhigungsmittel und Antidepressiva und sind im psychiatrischer, mehr oder weniger guter Behandlung, weil sie eben schon traumatisiert hierher kommen. Und dann kommt diese Unsicherheit drauf und das lähmt Menschen.“
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33:36 | 25.11.21 | |
Beyza, nehmen uns Muslima die Kultur weg? | MIGRACHIV herIDEA
„Niemand nimmt dir deine Kultur weg, nur weil er sagt, ich bin jetzt eine Muslima oder ein Moslem, der in Deutschland lebt. Ich verstehe nicht, was diese Sorge dahinter ist. Wenn du deine Kultur lebst, und wenn du sie genießt, dann hättest du keine Angst davor, dass irgendjemand kommt und dir diese Kultur wegnimmt.“ Beyza definiert sich als deutsche Muslima. An der Hochschule Magdeburg studiert sie Journalismus, weil sie findet, dass diverskulturelle junge Stimmen in den Medien dringend gebraucht werden. Beyza engagiert sich unter anderem auf ihrem Instagram-Kanal bey.talk. Sie setzt sich für Diversität in der deutschen Gesellschaft und für die Sichtbarkeit von Musliminnen ein. Geboren und aufgewachsen ist Beyza in Hamburg und sieht sich selbstverständlich als Hamburgerin. Ihr Großvater kam als Arbeitsmigrant in den 1970er Jahren aus der Türkei nach Hamburg. „Ich sehe nicht eine Nationalität, die mir zugeschrieben wird bzw. mit der ich mich identifiziere. Das ist was total anderes als mein Glaube. Mein Glaube ist was anderes als meine Kultur, und ich will halt nicht, dass das gemixt wird.“
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27:10 | 17.11.21 | |
MAGAZIN: Migration und psychische Gesundheit, Khola Maryam Hübsch | herIDEA
Migrantinnen sind mit Diskriminierung und Chancenungleichheit konfrontiert, die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben können. Khola Maryam Hübsch ist Autorin und Referentin zum Thema Islam. Sie engagiert sich für den interreligiösen Dialog. Für Menschen mit psychischen Belastungen wünscht sie sich mehr Aufklärung und Angebote: „Davon profitieren am Ende auch Migrantinnen und Migranten, dass es ein größeres Verständnis dafür gibt, wie die Psyche des Menschen funktioniert. Wie leicht jeder ganz schnell in eine Labilität geraten kann. Und dass äußere Umstände wie Migration, Diskriminierungserfahrungen, Rassismus so etwas ganz stark beschleunigen oder verstärken können. Und dass wir insgesamt als Mensch darauf angewiesen sind, dass uns rücksichtsvoll begegnet wird.“
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28:52 | 10.11.21 |