Es waren einmal der Christian, die Jenny und die Elena. Die drei kennen sich schon sehr lange und sie haben eine Gemeinsamkeit: ihre Begeisterung für Märchen. Diese Begeisterung möchten sie hier mit euch teilen. Doch Märchen einfach nur zu erzählen, reicht ihnen nicht. Sie wollen darüber reden und zeigen, wie vielschichtig, komplex und zeitlos Märchen sind. Dazu unterteilen sie ihre Folgen in Märchenstunde und Märchenkunde. In der Märchenstunde sprechen sie euch ein Hörspiel ein. In der darauf folgenden Märchenkunde tauschen sie sich dann darüber aus und analysieren und diskutieren Aspekte zu einem bestimmten Oberthema. Dazu betrachten sie Märchenklassiker von ganz neuen Seiten und nehmen euch mit in (un-)bekannte Märchenwelten. Das ist mal lustig, mal nostalgisch, mal blutrünstig und auch mal kitschig – aber niemals altmodisch oder Kinderkram. Vielmehr geht es um Geschichte, Literatur, Popkultur samt Film und Fernsehen sowie die großen Themen der Menschheit – eben um all das, was in der scheinbar so simplen Textsorte Märchen steckt.
Es waren einmal... Hänsel und Gretel, die das Haus der Hexe beschädigen, der böse Wolf, der sowohl bei Rotkäppchens Großmutter als auch bei den sieben Geißlein Hausfriedensbruch begeht oder Rapunzels Vater, der sich des Diebstahls und des versuchten Diebstahls im Garten der Zauberin schuldig macht. Das sind nur ein paar wenige Beispiele für Verbrechen im Märchen – und auch erstmal nur die harmloseren. Denn die Liste von Straftaten, die in dieser Textsorte begangen werden, ist ziemlich lang und reicht vom Vortäuschen falscher Tatsachen über Epressung und Androhung von Gewalt bis hin zu Körperverletzung und Mord. Und diese Verbrechen schauen wir uns in dieser Folge an. Ausgangspunkt ist das Märchen unserer letzten Märchenstunde. In "Wie Kinder Schlachtens gespielt haben" wird nämlich ein besonders grausames Verbrechen verübt – es ist wohl das krasseste Märchen, das wir bisher im Podcast hatten und das jeden True Crime-Fall in den Schatten stellt. Apropos True Crime: Da beim Thema Verbrechen kein Weg an diesem Genre vorbeiführt, hat Christian zwei wahre Kriminalfälle von umme Ecke unseres Aufnahmeortes mitgebracht. Außerdem nehmen wir den Hype um dieses Thema etwas genauer unter die Lupe. Und wir legen ein Geständnis ab: Denn auch unser Podcast hat etwas mit True Crime zu tun. Welche Verbindung da besteht und warum es uns ohne True-Crime-Podcasts vielleicht gar nicht geben würde – all das und noch viel mehr hört ihr in dieser Märchenkunde.
06.10.24 • 78:10
Es waren einmal... Live Action Role Plays, kurz LARPs, die sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. LARPS sind Rollenspiele, bei denen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihre Spielfigur physisch selbst darstellen. So weit wie diese Kinder sollte man dabei aber besser nicht gehen. Mehrere fünf- und sechsjährige Kinder haben ein außergewöhnliche Spielidee: Sie wollen Schlachten spielen. Dazu schlüpfen in die Rollen von Metzger, Koch, Schwein, Köchin und Unterköchin und sind richtig drin: Der Metzger geht hin und schneidet dem Kind, das das Schwein spielt, die Kehle durch. Aus welchem Grund das Kind am Ende freigesprochen wird und warum man nicht alles nachmachen sollte, was die Eltern tun, hört ihr in dieser Folge mit dem Märchen "Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben" – ein Märchen, das nicht grundlos aus den Kinder- und Hausmärchen gestrichen wurde. Denn nicht nur der Titel klingt nach einem krassen True-Crime-Fall. Auch die Geschichte, obwohl ziemlich kurz, hat es wirklich in sich.
22.09.24 • 03:00
Achtung: In dieser Folge geht es um Nationalsozialismus. Es war einmal... die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte. Eine Zeit, in der Menschen verfolgt, gequält, deportiert und in Massen systematisch vernichtet wurden. Es war einmal der Holocaust, der nationalsozialistische Völkermord an bis zu 6,3 Millionen europäischen Jüdinnen und Juden während des Zweiten Weltkriegs, angetrieben von einem Hass und Rassenwahn, der bis heute kaum vorstellbar ist. Und doch zeigen sich auch in unserer Zeit immer öfter Tendenzen, die eigentlich längst überwunden sein müssten. Die Parallelen zum Früher sind teilweise erschreckend und verdeutlichen einmal mehr, wie wichtig die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus ist, wie wichtig eine Auseinandersetzung mit der Geschichte ist. Aus diesem Grund haben wir für diese Märchenkunde das Thema "Märchen im Nationalsozialismus" gewählt. Wir schauen uns an, welche Rolle Märchen in dieser Zeit gespielt haben und wie sie für die nationalsozialistische Propaganda eingesetzt wurden. Dabei stoßen wir auf ebenso skurrile wie abstoßende Änderungen, die die Nazis in den Märchen vorgenommen haben und sehen einmal mehr, wie Literatur instrumentalisiert und missbraucht werden kann. Wir betrachten Märchenverfilmungen von 1933 bis 1945 und finden heraus, warum auch sie ein beliebtes Mittel der Nazi-Propaganda waren. Und wir werfen einen Blick in die Geschichte und zeigen, wie die Nazis auf das Gedankengut der Romantik zurückgegriffen und dieses ebenfalls an ihr Weltbild angepasst haben. Darüber hinaus sprechen wir über die Darstellung von Juden bei den Grimms und bei Wilhelm Hauff und stoßen auch hier auf Antisemitismus. Und bei all dem müssen wir mit Schrecken feststellen: Die Narrative der Rechten haben sich nicht verändert, ihre Strategien, Sachverhalte zu verfälschen, Fakten zu verdrehen und sie aus dem Zusammenhang zu reißen und Ideen und Gedanken für sich zu missbrauchen, sind nicht neu. Um so wichtiger ist es, zu hinterfragen, sich mit Themen auseinanderzusetzen und Inhalte einzuordnen. Denn Geschichte wiederholt sich. Es ist an uns, das zu verhindern.
08.09.24 • 95:28
Es war einmal... der Hans. Der Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm: "Herr, meine Zeit ist herum, nun wollte ich gerne wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen Lohn." Der Herr antwortete: "Du hast mir treu und ehrlich gedient, wie der Dienst war, so soll der Lohn sein," und gab ihm ein Stück Gold, das so groß als Hansens Kopf war. Jetzt könnte man ja denken: Prima, Hans hat Gold, woran soll es ihm jetzt fehlen? Tatsächlich macht das Gold den Hans aber gar nicht glücklich. Auf seinem Weg nach Hause stellt er immer wieder fest, dass ihm so einiges fehlt und so lässt er sich auf mehrere Tauschgeschäfte ein. Was am Ende dabei rumkommt und ob Hans wirklich sein Glück findet, hört ihr in diesem Schwankmärchen der Brüder Grimm.
25.08.24 • 11:14
Es war einmal... ein abgedankter Soldat, der mittellos und hungrig durch den Wald streift und dort dem Teufel begenet. Dieser bietet ihm eine siebenjährige Anstellung als Hausknecht in der Hölle an unter der Bedingung, dass er sich während der gesamten Zeit weder waschen noch frisieren darf. Dann war da einmal ein anderer Soldat, der ebenfalls nicht weiß, wovon er leben soll und ebenfalls dem Teufel begegnet. Er schlägt ihm einen Handel vor: Er muss sieben Jahre im Fell eines erschossenen Bären leben und schlafen, darf sich nicht waschen, kämmen und die Nägel schneiden. Stirbt er in dieser Zeit, gehört er dem Teufel, dafür geht ihm nie das Geld aus. Und dann gibt es da noch die Späher, die von ihrem Feldherrn ausgeschickt werden, um zu erkunden, wo man am leichtesten in das Nachbarland einfallen könne. Sie stellen fest, dass es nur eine Stelle an der Grenze gibt, wo das möglich ist. Dort wohnt aber ein Bauer mit seiner Familie. Und das bringt die Feldherren zu einer ebenso simplen wie logischen Schlussfolgerung... In dieser Märchenkunde dreht sich alles um das Thema Krieg und Frieden im Märchen. Anhand von verschiedenen Beispielen schauen wir uns an, wie Krieg und Frieden im Märchen vorkommen, ob Soldaten immer die strahlenden Helden sind und welche Folgen des Krieges thematisiert werden. Christian zeigt außerdem, wie Krieg in Märchenfilmen dargestellt wird. Und eine kleine Reise in die Geschichte und die poltische Lage zur Zeit der Grimms unternehmen wir auch.
11.08.24 • 104:31
Es war einmal... ein Soldat, der hatte dem König lange Jahre treu gedient. Als aber der Krieg zu Ende war und der Soldat, der vielen Wunden wegen, die er empfangen hatte, nicht weiter dienen konnte, sprach der König zu ihm: "Du kannst heim gehen, ich brauche dich nicht mehr. Geld bekommst du weiter nicht, denn Lohn erhält nur der, welcher mir Dienste dafür leistet." Da wusste der Soldat nicht, womit er sein Leben fristen sollte, ging voll Sorgen fort und ging den ganzen Tag, bis er abends in einen Wald kam. Als die Finsternis einbrach, sah er ein Licht, dem näherte er sich und kam zu einem Haus, darin wohnte eine Hexe. Und dort wird er etwas finden, das sein Leben komplett verändern sollte... Was würdet ihr euch wünschen, wenn ihr euch alles wünschen könntet? Der Soldat in diesem Märchen der Brüder Grimm ist in seinen Wünschen ziemlich klar. Ob er die Magie, die er bekommt, jedocht richtig einsetzt... Wir haben daran so unsere Zweifel.
28.07.24 • 09:12
Es war einmal... die ewige Frage des Menschen danach, was gut und was böse ist. Das Märchen hat darauf eine eindeutige Antwort. Wer in der Geschichte der Bösewicht ist, wissen wir schon nach wenigen Sätzen, was richtig und falsch ist, erkennen wir, ohne dass der Text es kommentieren muss. Das Märchen psychologisiert nicht, es kennt keine Grauzonen. Es kategorisiert, es belehrt und genau deswegen trennt es strikt zwischen guten und bösen Verhaltensweisen. Mit Figuren wie der Stiefmutter, dem fiesen Wolf oder der Hexe hat das Märchen klassische Bösewichte etabliert, die für uns bis heute das Böse und Schlechte verkörpern. Und auch wenn die Verwendung von Gegensätzen typisch für die Textsorte Märchen ist – der Kampf zwischen Gut und Böse liegt nahezu jedem Volksmärchen zugrunde. Er ist der ultimative Gegensatz, aus dem alle andere Kontraste entstehen, fast alle Konflikte im Märchen und letztlich auch alle Figuren finden in ihm ihren Ursprung und Ausgangspunkt. Höchste Zeit also, sich in dieser Folge mit Gut und Böse im Märchen zu beschäftigen. Grundlage bildet unsere letzte Märchenstunde mit dem Märchen "Die weiße und die schwarze Braut" – die Stiefmutter hier hat auf jeden Fall Potenzial für den Titel "Bösewicht des Jahres". Außerdem schauen wir uns an, welche Facetten des Bösen uns das Märchen zeigt, wie der Held oder die Heldin damit umgehen kann und warum Jacob Grimm es so wichtig war, das Böse im Märchen in seinen Extremen darzustellen. Und da uns hier im Podcast inzwischen ja schon so einige Übeltäter über den Weg gelaufen sind, küren wir unsere Top-Bösewichte. Über Platz eins waren wir uns sofort einig.
14.07.24 • 83:46
Es war einmal... eine Frau, die ging mit ihrer Tochter über Feld, Futter schneiden. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der sie nach dem Weg ins Dorf fragte. Da die Frau sehr unfreundlich war, antwortete sie nur: "Sucht ihn selber." Und die Tochter setzte hinzu: "Habt Ihr Sorge, daß Ihr ihn nicht findet, so nehmt Euch einen Wegweiser mit." Jetzt war es so, dass die Mutter auch eine Stieftochter hatte, die so ganz anders war als sie selbst. Sie war gütig und freundlich und zeigte dem alten Mann den Weg. Da wir in einem Märchen sind, könnt ihr euch denken, dass der alte Mann natürlich nicht nur ein alter Mann war, sondern in diesem Fall niemand Geringeres als der liebe Gott. Und da er das Verhalten von Mutter und Tochter gar nicht gut fand, bestrafte er sie. An dieser Stelle ist das Märchen aber noch lange nicht zu Ende. Denn diese Strafe zieht sehr viel Neid, Missgunst und böse Taten nach sich. Viel Spaß beim Hören!
30.06.24 • 08:51
Es waren einmal... Demut, Mildtätigkeit, Keuschheit, Geduld, Mäßigung, Wohlwollen und Fleiß, erstrebenswerte Charaktereigenschaften, die uns in jedem Märchen als Ideal präsentiert werden. Es sind diese sogenannten Tugenden, die den Helden oder die Heldin befähigen, das sittlich Gute zu verwirklichen und jeden noch so unlösbar scheinenden Konflikt zu bewältigen. Ganz anders das Laster. Bei den bekannten Todsünden Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei und Faulheit handelt es sich um schlechte Angewohnheiten, die als schädlich für den Einzelnen und die Gemeinschaft angesehen werden und die im Märchen niemals zu einem Happy End führen. Diese ethische Wertung menschlichen Verhaltens reicht bis in die Antike zurück und prägt seit jeher unsere Moral- und Wertevorstellungen. Wir finden sie in den verschiedenen Epochen ebenso wie in den Religionen. Und natürlich finden wir sie auch im Märchen. In dieser Folge schauen wir uns an, was Laster und Tugend genau sind, in welcher Form sie uns im Märchen begegnen und welche Vorstellungen von Laster und Tugend zu Zeiten der Grimms vorherrschend waren. Dazu machen wir einen Ausflug in die Zeit des Biedermeier, die maßgeblich dafür verantwortlich war, dass Wilhelm Grimm die Kinder- und Hausmärchen überarbeitet und zu einem sittsamen Erziehungsbuch umgestaltet hat. Natürlich sprechen wir auch über das Märchen unserer letzten Märchenstunde, "Die zwölf faulen Knechte", und das Laster der Faulheit. Außerdem haben wir euch jede*r ein Märchen mitgebracht, das von einem bestimmten Laster handelt. Und natürlich fragen wir uns: Welches Laster ist bei uns eigentlich am ausgeprägtesten?
16.06.24 • 73:59
Es waren einmal... zwölf Knechte, die den ganzen Tag nichts getan hatten und sich am Abend nicht noch anstrengen wollten. So legten sie sich ins Gras und begannen, sich gegenseitig darin zu überbieten, wie faul sie doch den ganzen Tag gewesen waren. Die Geschichte des ersten Knechtes, der das Rufen seines Chefs ignoriert, ist dabei noch die nachvollziehbarste. Alles andere ist Faulheit next level und so absurd – wenn ihr mal eine originelle Ausrede braucht, in diesem Märchen werdet ihr garantiert fündig.
02.06.24 • 06:32
Es war einmal... Rapunzel, deren Kleider zu eng werden, weil sie offensichtlich schwanger ist. Dornröschen, die schlafend vom Prinzen vergewaltigt wird und Zwillinge zur Welt bringt. Und Rotkäppchen, das seine Kleider ablegt und nackt zum Wolf ins Bett steigt. Von diesen pikanten Details ist in den Grimm-Märchen nicht mehr viel übrig. FSK 18 sind sie bestenfalls wegen ihrer Grausamkeit (wie wir in unserer Folge 25 besprochen haben). Bei den schlüpfrigen Details haben die Grimms ordentlich den Rotstift angelegt, schließlich sollten die Märchen kindgerecht sein und das biedermeierliche Bürgertum in seinen Lesezirkeln nicht erröten lassen. Die Urfassungen der Märchen hatten diesen Anspruch nicht, denn sie waren keineswegs für Kinderohren gedacht. Entsprechend eindeutig geht es darin zur Sache. Und auch wenn die Grimm-Märchen viel unschuldiger daherkommen, lassen sich für sie zahlreiche sexuelle Deutungen finden. Darin wird Dornröschens Spindel zum Phallus, Rotkäppchens Kappe zum Hinweis auf ihrer Menstruation und der Turm von Rapunzel ebenfalls zum Symbol für das männliche Geschlechtsteil. In dieser Märchenkunde dreht sich alles um genau diese Deutungen. Auf Grundlage unseres Märchenstunde-Märchens "Rotkäppchen" (Folge 66) schauen wir uns an, welche sexuellen Anspielungen in Märchen enthalten sind und wie sie gedeutet werden. Außerdem werfen wir einen Blick auf Sexualität im Märchen im Allgemeinen und betten das Ganze, ihr kennt es, in den zeitgeschichtlichen Kontext ein. Dabei stoßen wir auf das Problem mit dem Male Gaze und auf so interessante Fragen wie: Hat der Froschkönig der Königstochter schon am Brunnen ein eindeutig sexuelles Angebot gemacht? Wurde Schneewittchen rituell entjungfert? Und maßt sich der Wolf an, nun auch die Schwangerschaft für das Patriarchat zu beanspruchen?
19.05.24 • 105:04
Es war einmal... ein kleines Mädchen, ein herziges Ding, das alle Welt liebhatte. Am liebsten hatte es die Großmutter, die kaufte ihm ein Mäntelchen mit einer roten Kapuze daran, und danach hieß es Rotkäppchen. Eines Tages, da die Mutter Kuchen gebacken, sagte sie zu Rotkäppchen: "Rotkäppchen, die Großmama ist krank, geh hin und erkundige dich, wie es ihr geht, und bringe ihr hier von den schönen Kuchen, solange sie noch frisch sind, und etwas Wein und Butter dazu und allerlei gute Sachen, die ich in das Körbchen packe." Rotkäppchen ging immer gerne zur Großmutter, obwohl es ein langer Weg war, denn man weiß es ja, wie die Großmütter die Enkelchen lieben, und das Enkelchen möcht ich sehen, das nicht auch die Großmutter liebhätte. Ehe es ging, sagte noch die Mutter: "Kind, Kind, gehe immer geradeaus, sieh nicht rechts, nicht links, und lasse dich durch niemanden vom geraden Weg ablocken!" Na ja, und wie ihr wisst, hat das gute Rotkäppchen sich genau daran nicht so ganz gehalten. Doch auch wenn ihr jetzt denkt: "Das Märchen von Rotkäppchen kenne ich" – diese Version dürfte euch an der ein oder anderen Stelle vielleicht doch überraschen. Denn das Märchen von Charles Perrault enthält einige Details, die die Grimms ausgelassen haben.
05.05.24 • 08:19
Es war einmal... der Prinz im Märchen. Der Abenteurer, der auf seinem stolzen Ross durch die Welt reitet und mit Mut und Geschick die größten Herausforderungen meistert. Der Retter, der die arme Prinzessin vor dem Unhold bewahrt. Und der stolze Held, der über das Böse triumphiert und alles wieder in Ordnung bringt. So aufregend sich das auch lesen mag, in Wahrheit ist es vor allem eins: ziemlich öde. Denn auch wenn dem Märchenprinzen im Gegensatz zur Märchenprinzessin die scheinbar spannenderen und bedeutungsvolleren Aufgaben zufallen, wirklich abwechslungsreich ist das Ganze nicht. Mit dem Prinzen im Märchen beschäftigen wir uns in dieser Folge mit einer weiteren wichtigen Märchenfigur und schließen damit direkt an unsere letzte Folge, "Einfach schön" (Nr. 63), an. Nachdem wir uns darin ausführlich mit der Prinzessin im Märchen beschäftigt haben, fragen wir uns diesmal natürlich auch: Ist der Prinz bloß ein schablonenhaftes Abziehbild oder steckt vielleicht doch ein bisschen mehr in ihm? Um dem Ganzen nachzugehen, schauen wir uns zunächst das Märchen unserer letzten Märchenstunde an: "Das Wasser des Lebens" (Folge 64). Was sagt es uns über die Rolle des Prinzen im Märchen? Welche typischen Merkmale weist er auf? Und bestätigen sich die auch in anderen Märchen? Dazu stellen wir euch drei weitere Prinzenmärchen vor: "Der Eisenhans", "Der dritte Prinz" und "Prinz Bajaja". Und Christian hat noch ein Märchen dabei, das komplett aus der Rolle fällt (und der Prinz darin auch). Der Vergleich zur Prinzessin darf natürlich auch nicht fehlen. Bei ihr haben wir festgestellt: Sie ist etwas mehr als einfach schön. Doch ist der Prinz auch mehr als einfach öde?
21.04.24 • 103:11
Es war einmal ein König, der war krank, und niemand glaubte, dass er mit dem Leben davonkäme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in den Schlossgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie sagten ihm, ihr Vater wäre so krank, daß er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte: "Ich weiß ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund. Es ist aber schwer zu finden." Denn dieses Wasser des Lebens bekommt man natürlich nicht einfach so und die Charakterprobe zeigt, dass nur einer der drei Brüder im Stande ist, das heilende Mittel zu finden. Wie die anderen zwei Brüder das aufnehmen und welche Heldentaten der jüngste Prinz noch vollbringen muss, hört ihr in diesem Märchen der Brüder Grimm. Ihr findet es an Stelle 97 der Kinder- und Hausmärchen. Wir wünschen euch wie immer viel Spaß!
07.04.24 • 12:50
Es war einmal... die Prinzessin im Märchen. Die wohl bekannteste und nach wie vor sehr beliebte Märchenfigur ist vor allem eines: einfach schön. Wie keine andere Figur wird sie mit der Textsorte Märchen in Verbindung gebracht. Und mehr als alle anderen Märchenfiguren gilt sie als stereotyp, eindimensional und in dem Frauenbild, das sie repräsentiert, als hoffnungslos veraltet. In über 60 Folgen Märchenpott haben wir jedoch schon oft festgestellt: Ganz so simpel ist es meistens nicht. Steckt also auch in der Märchenprinzessin vielleicht doch etwas mehr, als wir denken? Dieser Frage gehen wir in dieser Märchenkunde zum Thema Prinzessin im Märchen nach. Ausgangspunkt ist dabei das Märchen unserer letzten Märchenstunde, "Die Prinzessin auf der Erbse". Wir schauen uns an, was Andersens Geschichte über Prinzessinnen aussagt und vergleichen sie mit drei weiteren Prinzessinnenmärchen: "Die zertanzten Schuhe", "Das Meerhäschen" und "Die schwarze Prinzessin". Außerdem überlegen wir uns, welche Merkmale typisch Märchenprinzessin sind, ob es tatsächlich nur den einen Prinzessinnentypus gibt oder ob uns im Märchen nicht doch unterschiedliche Arten von Prinzessinnen begegnen. Und wie immer darf natürlich auch der zeitgeschichtliche Kontext nicht fehlen. So viel sei verraten: Die Prinzessin im Märchen ist schon ein schwerer Fall. Aber ein bisschen zu ihrer Ehrenrettung können wir mit dieser Folge beitragen. Denn ein bisschen mehr als einfach schön ist sie dann doch.
24.03.24 • 96:21
Es waren einmal... eine Prinzessin, der man nicht glaubte, dass sie eine Prinzessin ist, ein großer Stapel Matratzen, die berühmte Erbsenprobe und eine Nacht mit entsetzlichen Rückenschmerzen. Das Kunstmärchen des dänischen Autors Hans Christian Andersen erschien am 7. April 1837 in einer Ausgabe der Reihe "Märchen, für Kinder erzählt" (dänisch "Eventyr fortalte for Børn"). Als "Die Erbsenprobe" stand es einst auch in den Kinder- und Hausmärchen der Grimms, allerdings nur in der fünften Auflage von 1843, damals an Stelle 182, ehe es dann von "Die Geschenke des kleinen Volkes" ersetzt wurde. Nichtsdestotrotz gehört die Geschichte über die sensible Prinzessin zu einem der bekanntesten Märchen. Und das, obwohl es nicht länger ist als die Erbse groß. Viel Spaß beim Hören!
10.03.24 • 03:31
Es war einmal... die Liebe. Das vielleicht größte aller menschlichen Gefühle ist in der Literatur ein Dauerbrenner. Love is everywhere. Doch ob Shakespeares Romeo und Julia, Guinevere und Lancelot aus der Artus-Sage, Tristan und Isolde, Orpheus und Eurydike aus der griechischen Mythologie, Scarlett O'Hara und Rhett Buttler aus "Vom Winde verweht" oder der junge Werther von Goethe – die größten Liebesgeschichten enden tragisch. Ganz anders im Märchen. Hier ist die Liebe stets Teil des großen Happy Ends. Überhaupt scheint es mit der Liebe im Märchen ziemlich einfach zu sein: Märchenprinz trifft Märchenprinzessin, Liebe auf den ersten Blick und sie leben glücklich bis an ihr Lebensende. So simpel und eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Liebe wie im Märchen eben. Doch was ist Liebe im Märchen eigentlich? Ist sie wirklich zu schön, um wahr zu sein? Und ist sie tatsächlich so märchenhaft, dass sie nichts mit der Realität zu tun hat? Diesen Fragen gehen wir in dieser Märchenkunde zum Thema "Liebe im Märchen" nach. Ausgangspunkt ist das Märchen unserer letzten Märchenstunde (Folge 60), "Die Schöne und das Tier". Wir schauen uns an, wie die Liebe darin dargestellt wird und vergleichen es mit anderen Märchen. Dabei arbeiten wir heraus, welche Formen von Liebe es im Märchen gibt und was Liebe im Märchen eigentlich so kann. Und da bei diesem Thema natürlich auch ein wenig Romantik nicht fehlen darf, tauchen wir erneut in die Gedankenwelt der Romantik ein und stellen fest, dass sich zur Zeiten der Grimms im Verständnis von Liebe und Ehe ein entscheidender Wandel vollzogen hat.
25.02.24 • 98:21
Es war einmal...ein Kaufmann, der überaus reich war. Er hatte sechs Kinder und vor allem seine drei Töchter waren alle sehr schön. Vornehmlich aber wurde die Jüngste bewundert, und man nannte sie nur das schöne Kind. Als der Vater in einem geheimnisvollen Schloss eine Rose stiehlt, zeigt sich, dass nicht bloß ihr Äußeres, sondern vorallem ihr Inneres schön ist. Und auch sie selbst lernt hinter der Hässlichkeit wahre Schönheit zu erkennen... Die Geschichte von der Schönen und dem Biest kennen die meisten von euch wahrscheinlich von der meisterhaften Walt-Disney-Verfilmung aus dem Jahr 1991. Das Motiv aber ist schon viel älter und bereits in der Erzählung von Amor und Psyche des antiken Schriftstellers Apuleius aus dem 2. Jahrhundert zu finden. Im Jahr 1740 wurde es von der Französin Gabrielle-Suzanne de Villeneuve erstmals als Märchen veröffentlicht, Villeneuve griff dabei aber auf eine ältere Quelle zurück, nämlich auf die Märchensammlungen von Giovanni Francesco Straparola aus dem 16. Jahrhundert. Wir haben euch hier die Fasssung von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont eingelesen, die die Fassung von Villeneuve gekürzt hat und durch ihre Veröffentlichung dafür verantwortlich war, dass sich die Geschichte von "Die Schöne und das Tier", wie es im Original heißt, weltweit verbreiten konnte. Das Märchen hinterfragt Oberflächlichkeit, zeigt, dass Schönheit oftmals im Verborgenen liegt und verdeutlicht, dass es Zeit braucht, um einen Menschen wirklich kennenzulernen. Darüber hinaus gehört "Die Schöne und das Tier" sicher zu den größten Liebesgeschichten der Literatur. Christian und Elena haben sich beim Anschmachten auf jeden Fall ganz viel Mühe gegeben. Wir hoffen, ihr könnt die Herzchen fliegen hören.
11.02.24 • 37:37
Es war einmal... das Streben des Menschen nach Erlösung. Als zentrales Element finden wir es in zahlreichen Religionen, als zentrales Element taucht es ebenso in zahlreichen Märchen auf. Im allgemeinen Sinn bedeutet Erlösung, dass negative Zustände und Befindlichkeiten, die nicht aus eigener Kraft behoben werden können, überwunden werden. In den meisten Märchen passiert genau das: Der Held oder die Heldin wird mit einem Konflikt konfrontiert, der zunächst auswegslos erscheint. Am Ende aber steht stets eine Lösung, der Protagonist oder die Protagonistin wird also von seinen oder ihren Problemen erlöst. Damit setzt das Märchen ein bestimmtes Menschenbild voraus: Der Mensch erscheint in ihm als erlösungsbedürftiges Wesen. Doch wovon muss er erlöst werden? Welche Formen von Erlösung gibt es? Und welche Funktion hat dieses Motiv speziell für die Textsorte Märchen? Um das zu klären, schauen wir uns zunächst das Märchen unserer letzten Märchenstunde (Folge 58), "Die sieben Raben", genauer an. Es bleibt in dieser Folge aber nicht bei sieben Raben. Mit dem Märchen "Die Rabe" und "Der Faule und der Fleißige" kommen noch einige hinzu. Außerdem treffen wir mal wieder auf einen Glasberg, sprechen über einen Gänsehautmoment der Märchenfilmgeschichte und erfahren, welche Namen Christians Flamingopuschen tragen.
28.01.24 • 80:14
Es war einmal... ein Mann, der hatte sieben Söhne und immer noch kein Töchterchen, so sehr er sichs auch wünschte; endlich gab ihm seine Frau wieder gute Hoffnung zu einem Kinde, und wies zur Welt kam, war es auch ein Mädchen. Die Freude war groß, aber das Kind war schmächtig und klein, und sollte wegen seiner Schwachheit die Nottaufe haben. Der Vater schickte einen der Knaben eilends zur Quelle, Taufwasser zu holen: die andern sechs liefen mit – und damit nahm das Unglück seinen Lauf. Ob das Töchterchen überlebt und wie der Fluch der sieben Raben gebrochen werden kann, hört ihr in dieser Märchenstunde.
14.01.24 • 05:37
Es war einmal... das Jahr 2023. Es war das zweite Jahr unserer Reise durch die Märchenwelt und diese Reise war sehr ereignisreich. Wir haben die Textsorte Märchen noch genauer erforscht und mit Schwank- und Unsinnsmärchen, Feenmärchen, Gruselmärchen, Blaubartmärchen und Weihnachtsmärchen eine Vielzahl an Unterkategorien kennengelernt. Besonders vertraut sind wir dank zweier Schwerpunktfolgen nun mit Aschenputtel und Blaubart, mit Oscar Wilde, Ludwig Bechstein und Charles Dickens hatten wir aber auch eine gute Zeit. Wir sind ins viktorianische England zurückgereist, haben im Frühjahr Halt in Japan gemacht und den Sommer auf Mallorca verbracht. Im Oktober haben wir die Angstlust zelebriert und zu Weihnachten gab es natürlich wieder ordentlich Weihnachtszauber. Außerdem haben wir mit Rapunzel, Dornröschen und Aschenputtel den Reigen der großen weiblichen Märchenfiguren komplettiert, haben gelernt, dass Feen keine niedlichen Wesen in glitzernden Tüllröcken sind und haben die Zauberbohnen besungen. Insgesamt haben wir vierzehn verschiedene Oberthemen behandelt und dabei jede Menge interpretiert, analysiert, gelernt und gelacht. Als letztes Märchen in diesem Jahr haben wir ein Kunstmärchen von Hans Christian Andersen ausgewählt. Es ist eigentlich eine Art Bonusmärchen, das unter keinem bestimmten Oberthema läuft, trotzdem aber ein Thema aufgreift, das, wie wir finden, sehr gut in die Zeit zwischen den Jahren, in unsere Zeit im Allgemeinen, aber auch zu uns, dem Märchenpott, passt. Es handelt von der Wertschätzung und Anerkennung von Kultur, von der Kraft und Bedeutung, die sie in unserem Leben hat und von all den Unglaublichkeiten, die sie uns erzählen und in uns auslösen kann. Danke für die Anerkennung, die ihr uns gebt, indem ihr uns hört! Danke für 2023, wir freuen uns sehr aufs neue Jahr und können euch versprechen: Es wird wieder märchenhaft.
31.12.23 • 51:54
Es war einmal... ein Wettbewerb, der ausgerufen wurde, um das Unglaublichste zu finden. Derjenige, welcher das Unglaublichste tun konnte, sollte die Tochter des Königs und das halbe Reich haben. Das brachte die Menschen auf alle mögliche Ideen und an einem festgesetzten Tage sollte gezeigt werden, was ein jeder als das Unglaublichste leisten könne. Und so fand eine ganze Ausstellung der unglaublichsten Dinge statt. Was die Menschen am Ende für das Unglaublichste befanden und welche unglaublichen Dinge Menschen zu tun im Stande sind, hört ihr in diesem Kunstmärchen von Hans Christian Andersen, das er selbst übrigens für sein gelungenstes Märchen hielt.
24.12.23 • 08:46
Es war einmal... der Tannenbaum. Er ist der optische Höhepunkt der Weihnachtszeit und steht in diesem Jahr auch im Fokus unserer Weihnachtsfolge. In ihr werfen wir einen Blick auf das Märchen unserer letzten Märchenstunde, "Ein Christbaum" von Charles Dickens, sprechen über die Bedeutung des Weihnachtsbaums in diesem Märchen sowie im Allgemeinen, vergleichen ihn mit Andersens' "Der Tannenbaum" (den ihr in Folge 2 hören könnt) und stellen euch zusätzlich ein weiteres Weihnachtsmärchen vor, in dem der Tannenbaum eine Hauptrolle spielt. Außerdem lernen wir Charles Dickens und das viktorianische England besser kennen und weil wir dieses Jahr so brav waren, kommt der Nikolaus in dieser Märchenkunde gleich drei Mal vorbei. Wie jedes Jahr hoffen wir, dass ihr, egal, ob ihr Weihnachten feiert oder nicht, eine schöne Zeit genießen könnt und wir mit dieser Weihnachtsfolge wieder für ein bisschen Weihnachtszauber sorgen können. Frohe Weihnachten!
17.12.23 • 69:03
Es war einmal... ein Christbaum. Er stand in der Mitte eines großen runden Tisches und ragte hoch über die kleinen Köpfe der Kinder empor. Er war mit einer Menge kleiner Kerzen besteckt, die ihn in hellem Licht erstrahlen ließen, und überall funkelten und glitzerten bunte Gegenstände in ihm. Da gab es rosenwangige Puppen, die sich hinter den grünen Blättern verbargen; da gab es richtige Uhren (wenigstens mit beweglichen Zeigern und der Möglichkeit, sie endlos aufzuziehen), die von zahllosen Zweigen herabbaumelten; da gab es polierte Tische, Stühle, Bettstellen, Kleiderschränke, Achttageuhren und verschiedene andere Möbelstücke (in Wolverhampton wunderbar aus Zimm angefertigt), die mitten in den Baum gesetzt waren, als sollten sie für einen Feenhaushalt Verwendung finden... Und in diesem Christbaum, da gab es noch viel viel mehr. Was alles, hört ihr in diesem wunderschönen Märchen von Charles Dickens.
03.12.23 • 49:34
Es war einmal... der Mann mit dem blauen Barte. Der Mann, dessen Ehefrauen merkwürdigerweise nie lange blieben und stets auf geheimnisvolle Weise verschwanden. Der Mann, der hinter der verschlossenen Tür einer verbotenen Kammer ein grausiges Geheimnis hütete... Blaubart ist der vielleicht größte, zumindest aber der bekannteste Serienmörder der Märchenwelt. Die Realität ist aber noch viel grausamer. Reale Frauenmörder wie Fritz Honka und Arwed Imiela haben von den Medien einst den Spitznamen "Blaubart" bekommen und bei Blaubarts historischer Vorlage Gilles de Rais handelt es sich um einen der größten Serienmörder der Geschichte. In den zahlreichen Adaptionen, die wir vom Blaubartstoff in der Popkultur finden, zeigt Blaubart uns aber auch andere Seiten. Er ist Sonderling, Antiheld und Verführer, Symbol für das Patriachat oder einfach sexuell gestört – und obwohl er aus den Kinder- und Hausmärchen der Grimms nach der ersten Auflage wieder rausgeflogen ist, hat er unübersehbare Spuren hinterlassen. All das macht Blaubart zu einer besonderen Märchenfigur, über die es so viel zu erzählen gibt, dass wir ihr mit dieser Märchenkunde einen Schwerpunkt widmen.
19.11.23 • 76:41
Es war einmal... ein Ritter, der besaß viele Häuser in der Stadt und viele Schlösser auf dem Lande und silbernes und goldenes Tafelgeschirr und Möbel voll kostbarer Stickereien und vergoldete Karossen und Kasten voll Geld – aber er besaß auch einen blauen Bart, und das gab ihm ein so abstoßendes Aussehen, dass Frauen ihn weder leiden noch sehen mochten. Da er aber eben ziemlich wohlhabend war, nahm er dennoch eine Frau, die ihn angesichts all seiner Reichtümer dann doch gar nicht mehr so hässlich fand. Als Blaubart verreisen musste, gab er ihr die Schlüssel für alle Zimmer im Schloss und sagte ihr, sie dürfe hingehen, wo immer sie wolle. Nur ein Zimmer gab es, das sie nicht betreten durfte. Denn hinter dieser Tür lag Blaubarts Geheimnis. Und das war ein wirklich schreckliches Geheimnis...
05.11.23 • 11:41
Es war einmal... die Angstlust. Sie beschreibt die Lust an der Angst – also den Spaß daran, sich zu fürchten, zu gruseln oder sich der Illusion von Gefahr hinzugeben. Ähnlich wie bei befriedigenden Erfahrungen wie Essen oder Sex schüttet unser Gehirn auch in Gefahrensituationen den Botenstoff Dopamin aus. Dieser hat eine euphorisierende Wirkung – wir verspüren Angstlust. Die Wissenschaft geht davon aus, dass in jedem Menschen eine gewisse Anziehung zum Nervenkitzel angelegt ist. Wie stark die Lust am Grusel ausgeprägt ist, ist allerdings sehr individuell. Bei uns ist der Hang zum Unheimlichen ziemlich stark entwickelt, weshalb wir uns in dieser Folge den Gruselmärchen widmen und all das zelebrieren, was uns einen richtig schönen Schauer über den Rücken kriechen lässt: der dunkle Wald bei Mondschein, eine alte Burg, Geister, umherwandelnde Tote und eine geisterhafte Messe. Außerdem unternehmen wir einen Ausflug in die Schauerliteratur und werfen natürlich auch einen Blick auf das Gruselmärchen der letzten Märchenstunde, Folge 50, "Sünde und Gnade". Wenn ihr also noch eine kleine Einstimmung für den Spuktober braucht: Hier ist sie.
22.10.23 • 84:53
Es war einmal... eine Frau, die niemals heiraten wollte, denn sie war sich sicher: Sie wollte keine Kinder haben. Als sie sich dann aber in einen Pfarrer verliebte und dieser um ihre Hand anhielt, änderte sie ihre Meinung. Nur Kinder haben, das wollte sie immer noch nicht. Also suchte sie nach einem Weg, niemals Mutter zu werden. Und tatsächlich fand sie eine Lösung. Doch sie ahnte nicht, welches Grauen diese Entscheidung nach sich ziehen würde... Happy Spuktober! Passend zur Spooky Season haben wir diesmal eine richtige Gruselgeschichte für euch. Gänsehaut garantiert. Also Licht aus, Kerzen an und viel Spaß beim Gruseln.
08.10.23 • 19:28
Es waren einmal... Brüderchen und Schwesterchen, Hänsel und Gretel, Fitchers Vogel, Von dem Wacholderbaum, Frau Holle, Die kleine Meerjungfrau, Aschenputtel, Der alte Zauberer und seine Kinder, Das Schloss der Rosen, Die Wassernixe und Väterchen Frost. Das alles sind Märchen, die wir hier im Märchenpott in Märchenstunde und/oder Märchenkunde schon behandelt haben. Und sie alle haben eine Gemeinsamkeit: Sie erzählen von Geschwistern. Als besondere Beziehung mit elementarer Bedeutung für das eigene Leben hat die Geschwisterbeziehung auch ins Märchen Einzug gehalten. In ihm treffen wir auf unerschütterliche Verbundenheit, bedingungslose Loyalität und tiefe Feindschaft. Es wird gestritten, gemobbt und zusammengehalten und damit abseits von den sonst märchentypischen Stereotypen ein vielfältiges Identifikationspotenzial geboten. Von den leiblichen Geschwistern über die Halb- bis zu den Stiefgeschwistern: In dieser Märchenkunde dreht sich alles um Geschwister im Märchen. Dazu schauen wir uns "Brüderchen und Schwesterchen" genauer an, vergleichen es mit "Schneeweißchen und Rosenrot" und "Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein" und sprechen über Formen und Bedeutung der verschiedenen Geschwisterbeziehungen. Denn ob im Märchen oder im wahren Leben: Geschwister sind etwas Besonderes und wir können ganz klar sagen: Wir sind wirklich froh, Geschwister zu haben.
24.09.23 • 89:54
Es waren einmal... Brüderchen und Schwesterchen, die hatten seit dem Tod ihrer Mutter keine gute Stunde mehr gehabt. Die Stiefmutter schlug sie alle Tage und wenn sie zu ihr kamen, stieß sie die Kinder mit den Füßen fort. Die harten Brotkrusten, die übrig blieben, waren ihre Speise, und dem Hündlein unter dem Tisch ging's besser, denn dem warf sie doch manchmal einen guten Bissen zu. So beschlossen sie, miteinander in die Welt zu gehen. Und damit beginnt eine Geschichte von Zusammenhalt und echter Geschwisterliebe, die eine Verzauberung, eine Heirat, eine wirklich böse Stiefmutter und einen heimtückischen Mordanschlag überstehen. Den wohl ikonischten Gänsehautmoment, den man in einem Märchen finden kann, gibt es außerdem: "Was macht mein Kind? Was macht mein Reh? Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr."
10.09.23 • 14:21